Colombia

Konflikt in Kolumbien:

 Der Konflikt setzt sich im Wesentlichen aus drei Gruppen zusammen: Der Guerilla, den Paramilitärs und dem Staat.


Die Revolutionsgruppen wollen auf ihre Rechte aufmerksam machen.
Die Guerillaeinheiten entwickelten sich in der Periode "La Violencia" (span.: die Gewalt): 1948 wurde ein beliebter Präsidentschaftskandidat, Jorge Eliécer Gaitán, ermordet. Daraufhin lieferten sich die damals amtierende konservative Partei Partido Conservador Colombiano und die liberale Partei Partido liberal Colombiano bis 1958 blutige Gefechte. Grund dafür war neben der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten auch die Tatsache, dass konservative Grundbesitzer liberalen Bauern Land weggenommen haben und sich auf deren Kosten Privilegien verschafften. So besitzen beispielsweise die wenigen Reichen (20% der Bevölkerung) 80% der Landfläche.

Hauptziel der linksgerichteten Guerilleros ist die Interessenvertretung der Landbevölkerung (campesinos). Sie kämpfen so zu sagen gegen den korrupten Staatsapperat - und das nicht selten mit ilegalen Mitteln. Es gibt mehr als 20 000 Guerilleros. Die größte und bekannsteste Guerillagruppe ist die FARC - E.P. [Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia - Ejército del Pueblo] - Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens. Sie wurde 1964 mit dem Ziel gegründet, eine Umverteilung des Reichtums zu erlangen und die ausländischen Firmen, die viele Bodenschätze abbauen, zu vertreiben. Schnell entwickelte sich die FARC jedoch zu einer kriminellen Organisation.

 


Das rechtsgerichtete Paramilitär wurde um 1983 als Reaktion auf die gefährlich schnell wachsenden Guerillagruppen gegründet. Einziges Ziel der Rund 9000 Kämpfer besteht in der Vernichtung der Guerillagruppen: Massaker auf dem Land, wo die Guerilleros ihre Häuser und Lager haben, sind keine Seltenheit. Die vertriebenen Menschen kommen in die Randgebiete großer Städte und erhoffen sich hier eine neue Chance. Slums entstehen. Den Menschen bleiben nicht viele Möglichkeiten: die Anzahl der Arbeiter im informelle Sektor steigt und das Geschäft mit den Drogen floriert.
Das Paramilitär verscuht, Kontrolle über die Guerillagruppen zu bekommen.
Wie korrupt der Staat ist, sieht man daran, dass das Paramilitär behauptet, sich ins Parlament eingekauft zu haben und bereits 35% davon zu besitzen. Mehreren Mitgliedern wird verdeckte Zusammenarbeit, Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen. 
2006 verkündete das Paramilitär die Demobilisierung. Problem war nur, dass die Waffen, die abgegeben wurden, alt waren. Die modernen, Waffen befinden sich immer noch in den Händen des Paramilitärs.

Die beiden Gruppen finanzieren sich durch ähnliche Mittel: Goldabbau, Überfälle, Geiselnahmen und Erpressungen - wobei das Paramilitär stets brutaler vorgeht als die Guerilla. Bei der Finanzierung kommen die Drogen ins Spiel: Zum einen finanzieren sich die Gruppen durch Schutzdienste für Drogenbarone, zum anderen aber auch durch Drogenanbau und dem daran anschließenden Export. Kolumbien stellt 70% des weltweit verfügbaren Kokains her. Das ist die effektivste Methode und deshalb hat Kolumbien auch ein Problem, diese Drogengeschäfte zu kontrollieren. Da die Drogenkartelle wiederum unterschiedlichen Gruppen (entweder Guerilla oder Paramilitär) angehören, liefern diese sich auch gegenseitig Kämpfe und es kommt oft zu Schießereien in den Armutsvierteln. Hier werden auch leicht neue Mitglieder angeworben. Viele Kinder können erst gar nicht in die Schule oder sind dort eben nur halbtags, da die wenigen öffentlichen Schulen total überfüllt sind. ( --> Problem Bildung; Exkurs: Gewalt in den Randvierteln)
Viele Drogenbarone schließen dich dem Paramilitär an, um bei Entdeckung Strafmilderung zu genießen und nicht an die USA ausgeliefert zu werden. Man munkelt, dass die Drogenkartelle auch den Staat mit hohen Geldsummen bestechen, um weiterhin Koka anbauen zu können.
Aufgrund des Drogenexports und der Unterschlupfsuche der Drogenbarone bleibt der Konflikt nicht räumlich beschränkt in Kolumbien sondern breitet sich auf die Nachbarländer wie Panama, Ecuador und Venezuela aus. 


Der Staat ist die dritte Konfliktpartei. Offiziell will er beide Gruppen vernichten, wobei jedoch eine starke Zuneigung zum Paramiliär zu vernehmen ist, da die Guerillagruppen doch weit gefährlicher für ihn sind als das Paramilitär. 
1999 wollte der Staat mit dem Plan Colombia den Drogenabau unterbinden. Dieser Plan erlaubte es der Polizei, sämtliche Anbauflächen mit Herbiziden zu bespritzen. Doch der Staat wird nicht umsonst als korrupt bezeichnet: Anbauflächen von Guerillagruppen wurden bevorzugt besprüht, teilweise sogar Flächen, auf denen gar keine Drogen kultiviert wurden.
Die Regierung ist schwach, undemokratisch und hat wenig Rückhalt im Volk.

Das Problem ander ganzen Sache ist, dass die Guerilla langsam ihr Ziel aus den Augen verlieren. Die Situation entwickelt sich zu einem sturen gegenseitigen Bekämpfen mit Tunnelblick auf beiden Seiten. So wurde beispielsweise die AUC [Autodefensas Unidas de Colombia] - Vereinigte Bürgerwehr Kolumbien 1997 von reichen Großgrundbesitzern gegründet, um offiziell die FARC zu bekämpfen. Man kann jedoch stark vermuten, dass der Krieg an erster Stelle nicht mehr um die Umverteilung von Land geht, sondern um einen möglichst großen Anteil an der Kokainproduktion und dem Drogenhandel.



Problem Bildung

Voraus muss gesagt werden, dass in Kolumbien eine Zweiklassengesellschaft vorherrscht. Reich und Arm. Diejenigen, die es sich leisten können, schicken ihre Kinder auf Privatschulen. Die gibt es reichlich und, den Kindern werden viele Möglichkeiten eröffnet und sie haben einen guten Bildungsstandard. Öffentliche Schulen hingegen sind rar gesät, da der Staat lieber in die Drogenbekämpfung investiert als in Bildung. Dass das ein Fehler ist, kann man an den schlechten Bedingungen in den öffentlichen Schulen sehen. Das Bildungsniveau ist niedrig, die Schulen überfüllt. 
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass die Kinder auf den Privatschulen zum eigenständigen Denken erzogen werden. Zum selbstständigen Lernen. Die Kinder, die öffentliche Schulen besuchen, werden zum Gehorchen und Arbeiten erzogen. Zugespitzt könnte man also sagen: sie sind finanziell schwach, gehorsam, unselbstständig und den halben Tag auf der Straße. Genau die Sorte, die die Drogenhändler brauchen. Von Kindern ausgeführte Drogenüberlieferungen sind keine Seltenheit. 

Deshalb ist es so sinnvoll, Bildungsprojekte zu unterstützen. Die Kinder werden vor Dummheiten bewahrt und fangen an, selbstständig zu Denken. So könnten die Drogenkartelle nach und nach eliminiert werde. Den Konfliktparteien würde sowohl der Zuwachs als auch die Haupteinnahmequelle fehlen. Fertig.
Wenn doch alles nur so einfach wäre...




Paro - Streik

Der Grund für die kilometerlange Besetzung der Panamerikana, Streiks und Aufständen in kolumbianischen Städten ist folgender: 

Die Bauern im Streik

Die Regierung hat 2006 ein Freihandelsabkommen mit den USA abgeschlossen, das innerhalb der folgenden zwei Jahre vollständig in Kraft getreten ist. Auf den ersten Blick ist alles ziemlich löblich, denn der Staat will außenpolitisch gut dastehen, sich global verknüpfen und das BIP steigern. Jetzt sieht es aber gerade folgendermaßen aus: 
Es wird teuer importiert und billig exportiert. 
(Auch Deutschland ist Handelspartner von Kolumbien.) Ein Beispiel: Kaffee kostet hier mehr Geld als in Deutschland. Warum? Eigentlich sitzt man hier doch an der Quelle. Aber nein: Die Kaffeebohne wird erst exportiert, um verarbeitet und danach wieder importiert zu werden. Das ist teuer. 
Es ist aber nicht nur der Kaffee, der importiert wird. Auch andere Lebensmittel wie Milch, Fleisch, Mehl,... werden von Außerhalb ins Land gebracht. So wird den Bauern die Existenzgrundlage genommen. Dass die Lage ernst ist, sieht man daran, dass sogar die sonst so stillen und duldsamen Bauern streiken. Auch Studenten und Akademiker haben den Ernst der Lage erkannt und streiken mit den Bauern. 
Kolumbien könnte sich mit eigenen Ressoucen drei mal selbst ernähren. Drei mal! Da wird kein Nahrungsmittelimport mehr benötigt. Das Land ist reich an Bodenschätzen. Es hat große Vorkommen an Erdöl und Erdgas, Kohle, Edelmetallen und Edelsteinen.
Die Demonstranten wollen jetzt so lange streiken, bis sich die Regierung auf Verhandlungen mit den Agrarunternehmern einlässt.


Exkurs: Gewalt in den Randvierteln

Die Gewalt geht weiter. Söhne rächen den Tod ihrer Väter, Waffen und Motorräder zählen als Statussymbol. Wer eine Waffe besitzt, ist cool, wird respektiert, hat die Gunst der Frauen auf seiner Seite, gehört dazu. Wer nicht in einer Gang ist, wird manchmal sogar ausgeschlossen. Jedoch geht es in den Bandenkriegen nicht immer um Rache. Ehre ist ein viel höheres Motiv, die Vorherrschaft in einem Territorium, aus einem Bandenkrieg als Sieger hervorgehen. Sind die einen Gegner besiegt, kommen die nächsten. Bandenkriege eben. Hier zeigt sich auch schon das Hauptproblem auf: Sowohl die Guerilla, als auch das Paramilitär haben ihre ursprünglichen Ziele aus den Augen verloren. Es geht nur darum, den Gegner zu schwächen. Dass hinter den ganzen Auseinandersetzungen einmal Ideale gestanden haben, ist nicht mehr in jedem Bewusstsein.

Dabei haben sie sich ihr Leben in den Slums nicht ausgesucht: Viele sind vertrieben worden, mussten deshalb die Schule abbrechen, wurden schwanger oder sind in die Gangs hineingerutscht und dann von der Schule geflogen. Bildung und somit auch Zukunftsperspektiven und Geld ist das, was am meisten fehlt. Es gibt einige Möglichkeiten, an Geld zu kommen: Betteln, in Bussen oder auf der Straße Produkte verkaufen, Autos oder Schuhe putzen, Showtanz, Prostitution, Drogenhandel. Es ist alles eine einzige Gewaltspirale.

Diese Informationen sind aus der Dokumentation  "La Sierra" genommen. La Sierra ist einer der gefährlichsten Stadtteile aus Medellin. Einige Jugendliche wurden in ihrem Leben mit dem Konflikt begleitet. Es wird deutlich, dass man nicht so einfach aus einer Bande aussteigen kann. Was mich am meisten erschreckt hat, ist der Tunnelblick, mit dem manche jungen Männer ihr Leben bestreiten. „Das ist meine Berufung“, meint ein Bandenanführer, der später ermordet wird: „ sowohl für das zu kämpfen, was ich habe, als auch für das, was ich nicht habe.“

Was trotz all dem Übel und der Gewalt in der Doku unterstrichen wird, ist die Tatsache, dass die Menschen, egal, wie wenig sie auch haben mögen, eben das Wenige schätzen und glücklich sein können. Es gibt einen kleinen Funken Hoffnung. Wenn dieser entzündet wird, kann sich die Situatin verbessern. So auch in La Sierra, wo viele Kämpfer die Seiten gewechselt haben, um nicht ständig im Krieg zu sein.


1 Kommentar:

  1. Liebe Caro,
    Frohe Weihnachten und ein tolles neues Jahr in deiner neuen Hauptstadt. Ein toller Block mit so vielen Eindrücken.

    Eine große Umarmung

    Mareike

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